Man muss bei der Betrachtung der Flugsicherung insgesamt davon ausgehen, dass es sich hierbei nicht nur um Unterstützungsdienste für die den Flugverkehr durchführenden Luftraumbenutzer jeglicher Art handelt. Die Flugsicherung entstand im Laufe der 1920’er und 1930’er Jahre aus staatlichen Überlegungen hoheitlicher und polizeilicher Natur heraus. Die für die Bewegungskontrolle und Staffelung von Flügen unter dem FS-Kontrolldienst hauptsächlich erforderlichen Unterstützungsdienste waren der FS-Beratungs- und FS-Fernmeldedienst. Da die Flugverkehrsdienste (ATS) mit dem FS-Kontrolldienst (ATC) und Fluginformationsdienst (FIS) Kern und Hauptaufgabe der Sicherung jeglichen Flugbetriebs darstellen, werden hauptsächlich deren Gegebenheiten und ihr Betrieb erläutert.
In Bezug auf die Leistung der Flugsicherungsdienste (ANS) allgemein und insbesondere der Flugverkehrsdienste (ATS) muss in diesen ersten Jahren zwischen dem Betrieb durch die Besatzungsmächte, hauptsächlich in den Jahren nach Beendigung der Berliner Luftbrücke bis zur Betriebsaufnahme durch die BFS (1949 - 1953), und dem Parallelbetrieb von BFS und den Besatzungs- bzw. Stationierungsstreitkräften ab 1953 unterschieden werden. Die ersten Jahre bis zum Beginn der Luftbrücke verlangten von der militärischen Flugsicherung keine besonderen Anstrengungen, da die Kampfverbände sehr bald in die jeweiligen Heimatländer abgezogen worden waren.
Da die ICAO damals noch nicht aktiv war, gab es auch noch keine für alle verbindlichen Regeln, Verfahren und Vorschriften. Die FS-Dienste der Besatzungsmächte richteten sich im Luftraum und an den Flugplätzen in ihren Zonen in Deutschland gemäss ihrer eigenen nationalen Regeln ein. Die USA mit ihren fliegenden Einheiten der Armee und Luftwaffe richteten sich nach den in den USA mittlerweile eingeführten Verfahren zur Bewegungskontrolle der nicht taktischen Flüge und begannen umgehend mit der Errichtung kontrollierter Teile ihres zonalen Luftraums.
Die britischen FS-Einheiten der RAF richteten sich nach den zu dieser Zeit in England geltenden Regeln und Verfahren (siehe AP-3024 ATP Vorschriften), die von den amerikanischen im Grundsatz abwichen, wenn es um die Nutzung und Beteiligung der FS-Dienste im Fluge ging. Daher beliess es die RAF in ihrer Zone beim unkontrollierten Luftraum. Das britische Luftrecht betrachtete die Flugsicherung als reine Unterstützungsdienste, die der LFZ-Führer nach seiner jeweiligen Entscheidung anforderte. Ihm oblag die Entscheidung, in Luftverkehrs-Beratungsgebieten (ADR - ADA), sofern schon welche eingerichtet waren, Staffelungsdienste in Anspruch zu nehmen oder nicht.
Frankreich hatte sich im Grunde in den Kriegsjahren, so wie Deutschland, kaum an der Entwicklung der Flugsicherung beteiligt. Da die FS-Dienste in Frankreich zudem direkt nach Kriegsende hauptsächlich von den amerikanischen AACS-Einheiten (so wie zum Teil auch in England, Belgien, Österreich und Italien) geleistet wurden, beliess die FAF es in ihrer Zone auch beim unkontrollierten Luftraum. Sie sicherte ihre wenigen Flüge aus Frankreich in die französische Zone Deutschlands und darüber hinaus in die französische Zone Österreichs mittels Verkehrs-, Navigations- und Wetterinformationen durch die Fluginformationsdienst-Zentrale (FIC) Strassburg und lokale FS-Stellen, wie Friedrichshafen.
Dieser Zustand fand in den Jahren bis 1948 nur geringe Veränderungen. Die grösste Aktivität ging von der amerikanischen Besatzungsmacht aus, indem das zonale Streckennetz ausgebaut, mehr Funknavigationsanlagen (NDB, FM, RNG) aufgestellt und die Funk- und Fernmeldeverbindungen verbessert wurden. Ab Beginn der Berliner Blockade sollte sich diese Situation allerdings grundsätzlich und vehement verändern.
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Die Entwicklung der Flugsicherung in Westdeutschland nach 1945
Band 2, Die ersten zehn Jahre
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